Projektreihe MUT

Projektreihe MUT

Allgemeine Erläuterungen zur Projektreihe:

Die Projektreihe „Musik und Texte“ besteht aus abendfüllenden musikalisch-literarischen Programmen zu Themen von gesellschaftlicher Tragweite. Den Programmen ist gemeinsam, dass Text und Musik in vielfältiger Weise aufeinander bezogen sind und in einem gleichsam dialogischen Verhältnis zueinander stehen; erst aus dem Zusammenwirken der beiden künstlerischen Ebenen erwächst hier die Aussage.

Hinsichtlich der Besetzung, der musikalischen Stilistik und der Art und Weise der Verbindung von Text und Musik – etwa im Sinne von Gattungen wie Lied und Melodram – unterscheiden sich die Programme deutlich voneinander. Jedem der Programme liegt eine einzigartige Konzeption zugrunde, die in der Auseinandersetzung mit der jeweiligen Thematik und ggf. mit anderen dieser Thematik gewidmeten literarischen und musikalischen Arbeiten entwickelt wurde.

Die Programme sollen zur Schaffung und Verbreitung eines auf umfassende Emanzipation gerichteten Bewusstseins beitragen, indem sie unsere Wahrnehmung für die Widersprüche schärfen, die unser aller Leben prägen, und auf dem Wege der ästhetischen Bearbeitung dieser Widersprüche Kunstschönheit erzeugen: Eine Schönheit, die uns die Veränderbarkeit unserer Lebensverhältnisse zum Besseren erkennen lässt und uns dazu ermutigt, Veränderungen zu erwirken.

Die Reihe umfasst bislang folgende Programme:

ZWEIERBANDE – Lieder im Freien

Texte und Musik von Jonas Körfer

Erläuterung:

„Des Sommers ziehen wir los in Richtung Süden…“ Mit dieser Zeile beginnt ein Reigen von Liedern über alljährliche Aufenthalte in Katalonien, Spanien. Besungen werden darin Landschaft und Leute, kulturelle Besonderheiten, Liebes- und Lebensfreuden und nicht zuletzt das Dasein in einer einsamen Finca inmitten eines Olivenhains – ohne die landläufig erwünschten Bequemlichkeiten.

Die Musik greift Stilelemente aus Folk, Blues, Chanson und Pop auf, wobei sie sich hier im Laufe der Songs entwickelt und so die erzählenden und beschreibenden Verse erweitert und ausleuchtet. Die beiden kontrastierenden Stimmen sowie die Instrumente ergänzen einander zu einem weiten Klangspektrum, das den sinnlichen  und genussvollen Aspekt der geschilderten Erlebnisse betont.

Der literarisch-musikalische Reisebericht lässt auch eine Möglichkeit aufscheinen, der Konsumgesellschaft selbstbestimmte Vorstellungen von Glück entgegenzusetzen, die nicht in der Idee der Enthaltsamkeit gründen. Im Gegenteil.

Ausführende:

Kerstin Körfer – Gesang und Bassgitarre
Jonas Körfer – Gesang und Gitarre

In der Fremde

Lieder, Songs und Texte aus 5000 Jahren
Konzept, Textbuch, Arrangements und musikalische Leitung: Jonas Körfer

Erläuterung:

Seit Jahrtausenden haben Menschen Kriegselend, Flucht, Heimatlosigkeit und Exil zu erleiden – und zu verantworten. Deutsche Soldaten und andere Diener des NS-Staates haben zur Zeit der Nazi-Herrschaft Millionen von Menschen ermordet; zugleich konnten viele Deutsche, die von den Nazis verfolgt wurden, diese Zeit nur aufgrund der Hilfsbereitschaft anderer Staaten und ihrer Bevölkerungen überleben.

Das Programm versammelt Gedichte aus der Antike, dem Dreißigjährigen Krieg, dem Metternich'schen System, dem zweiten Weltkrieg, dem Vietnamkrieg und der heutigen Flüchtlingskrise. Dargeboten werden sie in jeweils zeitgenössischen Vertonungen, wodurch die historische Dimension auch ästhetisch erfahrbar wird. Ausgewählt wurden vor allem Lieder mit inhaltlich motivierten Wort-Ton-Beziehungen. Sie erklingen hier in eigens angefertigten Arrangements für unterschiedliche Teil-Ensembles, was klanglich zu einem vielfarbigen und gleichwohl strukturierten Gesamteindruck führt.

Die musikalischen Darbietungen werden durch rezitierte Texte interpunktiert, die zwei weitere Erzählstränge bilden: Bertolt Brechts Gedichte aus dem Exil und der Erfahrungsbericht einer ehrenamtlichen Mitarbeiterin in einer Flüchtlingsinitiative. Den seit einigen Jahren in Deutschland aufkommenden Forderungen von Einheimischen, sich gegen Notleidende abzuschotten, wird die produktive und beglückende Erfahrung von menschlichem Miteinander entgegengesetzt: ein „Wir-Gefühl“, das sich auf ALLE Menschen bezieht.

Ausführende:

Barbara Schachtner – Sopran und Rezitation
Kerstin Körfer – Sopran
Dorrit Bauerecker – Akkordeon und Gesang         
Nils Imhorst – Kontrabass         
Jonas Körfer – Gesang, Gitarre und Akkordeon
N.N. – Viola

Brot und Rosen (Arbeitstitel)

Lieder und Chansons von Jonas Körferfür eine Sängerin, einen Sänger und Klavier
nach Texten von Paul Eluard, Johann Wolfgang von Goethe, Peter Hacks, Peter Handke, Annette Lose, Werner Makowski, Pier Paolo Pasolini und Jacques Prevert

Erläuterung:

Vor gut einem Jahrhundert begann mit der Oktoberrevolution in Russland der erste großangelegte Versuch, die kapitalistische Gesellschaftsordnung zu überwinden. Seit dem Scheitern dieses Versuchs, der unzählige Opfer forderte, herrschen nahezu weltweit kapitalistische Verhältnisse. Die einschneidenden Folgen für die Menschheit und ihre natürlichen Lebensgrundlagen sind unübersehbar, aber fortschrittliche Gegenbewegungen, in denen sozialistische Ideen aufgegriffen werden, bilden sich nur vereinzelt.

Die Lieder des Programms reflektieren die Geschichte kommunistischer Bestrebungen vor dem Hintergrund einer Weltanschauung, die das Ideal einer klassenlosen Gesellschaft im Blick behält. Der politischen Ohnmacht ihrer Vertreter, die zur Zeit bestenfalls zur Verhinderung des Schlimmsten beitragen können, wird dabei auch mit Liedern über die Liebe begegnet, denen diese politische Perspektive innewohnt.

Gerahmt wird das Programm von zwei Liedern über das Verhältnis von Kunst und Wirklichkeit – und somit auch über den Sinn der Arbeiten, die hier dargeboten werden: artifizielle Kunstlieder, die unter Verwendung von Techniken der Neuen Musik an die Liedkomposition der Klassik und der Klassischen Moderne anknüpfen; Chansons mit Anklängen an Arbeiten von Komponisten aus Brechts Umfeld sowie an populäre Genres; und Gedichte, auf deren Vertonungen sich die Kompositionen des Programms beziehen.

Ausführende:

Kerstin Körfer – Sopran, Klavier
Jonas Körfer – Chansongesang, Klavier

(in Vorbereitung)

 

Liesel oder: Wozu sind Worte gut?

Eine musikalische Erzählung
für Rezitation, Oboe, Violoncello und Akkordeon
nach Auszügen aus dem Roman „Die Bücherdiebin“ von Markus Zusak
Textbuch und Komposition: Jonas Körfer

Erläuterung:

Liesel, Tochter von Verfolgten des Naziregimes, wird in den späten 30er Jahren in eine Pflegefamilie verbracht und dort liebevoll aufgenommen. Schon als Heranwachsende erlebt sie den Konflikt zwischen Anpassungsdruck und innerer Überzeugung: Ein Jude findet Zuflucht bei der Familie und wird fortan im Keller versteckt. Liesel freundet sich mit ihm an und entwickelt sich zu seiner Beschützerin.

Liesel und Max verbindet nicht zuletzt die große Bedeutung, die Bücher für ihr Leben haben. Nach und nach erkennt Liesel, dass die Nazis ihre mörderischen Verbrechen mit Worten und mit der Vernichtung von Worten vorbereitet haben – und findet schließlich im Schreiben eine Möglichkeit, der Unmenschlichkeit entgegenzutreten.

Erzählt werden ausgewählte und verdichtete Handlungsstränge aus Zusaks preisgekröntem Roman, darunter die Geschichte eines Akkordeons. Hier knüpft die teils begleitende, teils interpunktierende Musik an, die auf der Grundlage einer strengen Konzeption stilistisch einen weiten Bogen spannt – von hörspielartigen Geräuschkompositionen über spannungsvolle Kammermusik bis hin zu atmosphärischen Charakterstücken und Tänzen.

Ausführende:

Hille Marks – Rezitation
Ina Stock – Oboe
Elisabeth Wand – Violoncello
Dorrit Bauerecker – Akkordeon

Zu der Projektreihe gehört auch ein Programm für Kinder bzw. Familien:

Frau Hochton & Herr Wortreich: „Einerseits und andererseits“

Musik und Misuk von Jonas Körfer zu Gedichten für Kinder von B. Brecht, P. Hacks u.a.
Konzeption und Moderationstexte: Jonas Körfer
Grafik, Bühne und Puppen: Kerstin Körfer
Dramaturgie: Jutta Riedel

Erläuterung:

Frau Hochton liebt die schönen Töne.
Herr Wortreich bevorzugt deutliche Worte.

So schwanken ihre Darbietungen zwischen Arien, Liedern, Chansons und Rezitationen, bei deren Vortrag sie sich gegenseitig begleiten – auf Instrumenten (Akkordeon, Gitarre und Klavier) und zahlreichen Unstrimenten (wie Blumentöpfen, Weingläsern und Kochtöpfen).

Die musikalischen Kontraste entsprechen der inhaltlichen Anlage des Programms, das von einem Kanarienvogel und einem Raben moderiert wird. Die beiden schrägen Vögel begleiten das Publikum in sieben Kapiteln (Vom Wollen - Vom Werden - Vom Brauchen - Vom Reichtum - Von der Macht - Von der Neugier - Vom Zusammenleben) auf einer sinnlichen Reise in die Welt der Widersprüche, die auch schon das Leben der jungen Menschen prägen und die zu entdecken eine sehr lustvolle Tätigkeit sein kann: Denken.

Ausführende:

Kerstin und Jonas Körfer – Gesang, Rezitation, Puppenspiel und Instrumente